Günter Titsch

Günter Titsch

Präsident INTERKULTUR, World Choir Games & World Choir Council

Günter Titsch habe die Basis dafür geschaffen, dass Menschen unterschiedlicher Länder zusammenkommen. Es sei so etwas wie die Außenwelt. Die Künstler, die sie mit Leben füllten, seien die Innenwelt. Dies sagt der schwedische Musikwissenschaftler und Chorexperte Christian Ljunggren, Künstlerischer Ehrenpräsident von INTERKULTUR und Initiator des World Choir Council, über Titschs Passion und Lebenswerk. Zu dem, was Ljunggren, langjähriger Künstlerischer Leiter von INTERKULTUR, die Außenwelt nennt, gelangt Titsch im mehreren Stufen.

Am 28. Januar 1946 wird Titsch in Heidenpiltsch, heute Bílčice in Tschechien, geboren. Die Familie Titsch siedelt in seinem Geburtsjahr ins Hessische über. Dort kommt der junge Titsch früh mit dem Chorgesang in Berührung. Mit 23 übernimmt er den Vorsitz des Gesangvereins Eintracht in Grüningen. Der Verein unterhält einen kulturellen Austausch mit der Stadt Zirc in Ungarn. Ein erstes Momentum in eine Richtung, der er später professionell folgt.

Nach unterschiedlichen beruflichen Stationen und Erfahrungen wirkt der von Titsch initiierte erste Internationale Chorwettbewerb 1988 in Budapest als Initialfunke. Ein solcher Wettbewerb über die Ost-West-Spaltung hinaus ist ein absolutes Novum. 1990 folgt die Gründung des Fördervereins INTERKULTUR e.V.. Mit einem international besetzten kompetenten Team baut Titsch in den Jahrzehnten danach die Außenwelt auf. Es entsteht mit den World Choir Games die führende Plattform für Begegnungen von Chorbegeisterten in aller Welt im olympischen Geist.

Unter der Devise Singing together brings nations together bringt Titschs Organisationsteam bis heute annähernd 10.500 Chöre mit fast 450.000 aktiven Sängerinnen und Sängern aus 108 Ländern zusammen. INTERKULTUR-Events werden auf allen Kontinenten zu Magneten. 2023 werden es die World Choir Games in der südkoreanische Stadt Gangneung sein, 2024 in Auckland/Neuseeland.

Titsch, begeisterter Chorsänger, erkennt früh in jungen Menschen das Potential, zu einem friedlichen Miteinander in Respekt und Wertschätzung beizutragen. Zahlreiche Projekte und programmatische Ansätze sind Teil der INTERKULTUR-Agenda, die weltweite Chorjugend im olympischen Geist zu erreichen und zu aktivem Tun zu motivieren. Titschs Vision, auch ein persönliches Vermächtnis, zeigt Wirkung. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer bei den World Choir Games sind junge Menschen unter 27 Jahren.

Der Visionär

Offenheit für jedermann, Gleichheit der Chancen im Zugang wie im Wettbewerb – diesen Prinzipien folgen die antiken olympischen Spiele. Die Teilnahme konstituieren sie als höchste Ehre. Diesen Prinzipien folgen auch die von Titsch inspirierten INTERKULTUR-Veranstaltungen. Sie stehen allen Chören offen, unabhängig von ihrer bisherigen Wettbewerbserfahrung. Traditionelle Chorwettbewerbe lassen lediglich den Vergleich von Chören zu, die zur internationalen Spitzenklasse gehören.

Wettbewerbe wie die World Choir Games bringen auf dem gemeinsamen Nenner der Begeisterung für das Singen in Chören Menschen unterschiedlicher kultureller, politischer und religiöser Herkunft zusammen. So entstehen Chancen, Stereotype zu prüfen und durch selbst gewonnene Urteile zu ersetzen, bisweilen spektakulär. Chöre aus Süd- und Nordkorea, aus Israel und dem Iran agieren gemeinsam auf der Bühne, setzen in Freundschaftskonzerten Zeichen für den Frieden.

Titschs Vision wird verstanden und geschätzt. In der universalen Chorcommunity wie von herausragenden Repräsentanten der Kultur und unter Staatslenkern. Annähernd 10.500 Chöre mit fast 450.000 aktiven Sängerinnen und Sängern aus 108 Ländern sind bis heute in der INTERKULTUR-Teilnehmerstatistik verzeichnet. Mikis Theodorakis, der von Titsch für das damalige Amt des Künstlerischen Ehrenpräsidenten der World Choir Games gewonnene, 2021 verstorbene griechische Komponist hat dies in einem Bekenntnis ausgedrückt. Namentlich die Chormusik, resümiert Theodorakis, mache uns zu menschlicheren Menschen. Der frühere US-Präsident Barack Obama betont in seiner Erklärung zu den 7. World Choir Games Cincinnati, die Kraft von Kunst und Musik bringe uns zusammen und helfe, darüber nachzudenken, wer wir sind und was vor uns liegt.

Der von Titsch inspirierte Förderverein INTERKULTUR e.V. engagiert sich in Umsetzung der ideellen Programmatik auch für Ziele, die über die Organisation und Evaluierung von Musikfestivals und Chorwettbewerben hinausgehen. Unterstützt werden Kinder- und Jugendchöre, besonders aus finanzschwachen Ländern. Ferner Laienchöre aus dem In- und Ausland, die eine intensive und nachhaltige Jugendarbeit nachweisen können. Weitere Förderprojekte richten sich auf den Nachwuchs in der Chorleitung, junge Musiker und Musikerinnen sowie Sänger und Sängerinnen, so durch Vergabe von Stipendien. Zum weiteren Spektrum zählen zweckgebundene Förderprogramme.

Der Innovator

Wer stehen bleibt, fällt zurück. Diese Maxime der Unternehmensphilosophie hat sich Titsch zu Eigen gemacht. Er findet neue Veranstaltungsformate, lässt sie durch sein international besetztes kompetentes Mitarbeiterteam erproben und entwickeln. Eine seiner nachhaltigsten Innovationen ist die Übertragung von Idee und Konzept der World Choir Games auf einzelne Kontinente. 2007 finden in Jakarta (Indonesien) erstmals die Asia Pacific Choir Games statt. Folgeveranstaltungen sehen 2009 Gyeongnam (Republik Korea), 2013 Manado (Indonesien), 2017 Colombo (Sri Lanka) als Austragungsorte.

European Choir Games entwickeln seit 2013 mit der Premiere in Graz (Österreich) ihre eigene Geschichte. Jeweils im Tandem mit dem Grand Prix of Nations erfährt die europäische Version der World Choir Games weitere Austragungen. So 2015 in Magdeburg (Deutschland), 2017 in Riga (Lettland), 2019 in Göteborg (Schweden). Es folgen weitere Ausgaben 2023 in Norrköping (Schweden) sowie 2025 in Aarhus (Dänemark).

Titsch erkennt früh die Dynamik, die aus der Vernetzung von Chorevents und Medien entsteht, sei dies national, sei es auf der internationalen Ebene. Dabei ist ihm das wirkungsmächtigste Medium, das Fernsehen, besonders wichtig. 2019 erlebt Göteborg (Schweden) die zweite Ausgabe der TV-Show Eurovision Choir (EC), eine Kooperation der European Broadcasting Union (EBU), von INTERKULTUR und der Gastgeberstadt. Riga ist 2017 Schauplatz der Premierenausgabe dieses Formats. Titsch fördert organisationsintern die forcierte Nutzung von Online-Kanälen und Social Media. Eine neue Qualität in der Kommunikation mit der Chorcommunity auf allen Kontinenten.

Der Globalisierer

In der Welt von Chorexperten, Repräsentanten nationaler Chorverbände, Chorleitern und Wettbewerbsjuroren setzt Titsch auf Internationalität. Im World Choir Council, dem wichtigsten Beratungsgremium von INTERKULTUR, sind Repräsentanten aus Europa, Afrika, Latein- und Nordamerika sowie Asien und Ozeanien präsent. Die Liste der Mitglieder des World Choir Councils reicht von A (Afghanistan) bis V (Vietnam). Mehr als 200 führende Chordirigenten und weitere Chorexperten aus aller Welt gewährleisten bei allen INTERKULTUR-Veranstaltungen einen hohen Kompetenzstandard.

Titsch ist auch über die Chorszene hinaus gefragt. 2008 ist er auf Einladung des Olympischen Komitees Chinas Ehrengast bei der Zeremonie zur Eröffnung der olympischen Segelwettbewerbe in Qingdao. 2016 ist er eingeladen, als Sprecher bei der China International Friendship Cities Conference in Chongqing aufzutreten. Mehr als 700 Repräsentanten von 144 Städten und 56 Ländern bilden dieses Forum. Titsch stellt Idee, Konzept und Praxis von Chorveranstaltungen im internationalen Maßstab dar. 2018 folgt er einer neuerlichen Einladung, vor dieser Konferenz in Wuhan als Sprecher aufzutreten. Er trägt Multiplikatoren aus 60 Ländern seine Ideen zur Wirtschaftsförderung und zum Kulturtourismus vor.

Schauplatz eines INTERKULTUR-Events zu sein, lässt sich als Win-Win-Situation für beide Seiten erfassen. Die Entscheidung von Städten und Regionen, Austragungsort eines Festivals oder Wettbewerbs und somit Magnet innerhalb der weltweiten Chorcommunity zu sein, wirkt auf Profil und Image dieser Orte zurück. Andris Bērziņš, 2014 Staatspräsident Lettlands, nennt die World Choir Games in Riga ein hervorragendes Marketing-Instrument für sein Land. Es habe der Welt seine Stärke zeigen können.

Partnerstädte von INTERKULTUR nutzen die Chance, sich als Stätten der Weltoffenheit und Gastfreundschaft, Toleranz und Aufgeschlossenheit für unterschiedliche Kulturen zu beweisen und diesen Ruf nachhaltig zu festigen. Titschs Konzept kommt an. Immer wieder bewerben sich Städte nach der Realisierung eines Events darum, erneut Austragungsort zu werden. Beispiel Riga.

Der Manager

Unternehmerischer Erfolg fußt auf Strategie, Marktkenntnis, organisatorischer Effizienz und strikter Kundenorientierung. Als Führungsqualitäten werden Einsatz, Hingabe, Disziplin verlangt, mehr und mehr auch Teamorientierung. In diesem Gerüst von Kompetenzen und Einstellungen vollzieht Tisch eine Erfolgsgeschichte, von der der Anfang, nicht aber das Ende bekannt ist.

1988 findet in Budapest vom 17. bis 19. November der erste Internationale Chorwettbewerb statt. 29 Chöre aus neun Nationen stellen in unterschiedlichen Kategorien ihre Stile und Qualitäten vor. Ein solcher Wettbewerb mit grenzüberschreitender Dimension über die Ost-West-Spaltung hinaus ist ein absolutes Novum. Titsch, zuvor Touristikunternehmer, bringt in den Jahren zuvor Chöre und andere Gruppen aus Deutschland nach Ungarn. Er erkennt mit dem Instinkt des Managers die Chancen, die gerade dieses Land mit seiner Musikkultur und seinen Verbindungen innerhalb Europas für einen grenzüberschreitenden Kulturaustausch bietet.

Im November 1989 findet in einem Klima von Aufbruch und Öffnung die zweite Ausgabe des Budapester Chorwettbewerbs statt. 1990 folgt die Gründung des Fördervereins INTERKULTUR e.V. mit Hauptsitz in Frankfurt am Main und Büros im Raum Gießen, heute im hessischen Fernwald. Auf dieser formalisierten Grundlage mit dem Unternehmen INTERKULTUR als operativer Einheit baut Titsch sein Metier Schritt für Schritt aus. Budapest sieht 1990 die dritte Ausgabe des Chorwettbewerbs. Riva am Gardasee (Italien) erlebt seine Premiere als Austragungsort und Partner von Titsch.

In wenigen Jahren entsteht eine Reihe von Veranstaltungen, die – ein Indiz für Erfolg – nicht nur einmal stattfinden. Das Internationale Chorfestival samt Wettbewerb in Bad Ischl (Österreich) steht 2024 zum 15. Mal in den Terminkalendern von Chören, das in Wernigerode (Deutschland) 2023 zum zwölften Mal. Hoi An (Vietnam) haben Chöre zum siebten Mal auf ihrer Reiseagenda. Kundenzufriedenheit ist ein wesentlicher Faktor der wachsenden Akzeptanz von INTERKULTUR. 67 Prozent der teilnehmenden Chöre sind wiederkehrende Ensembles. Sie suchen nach neuen Bewährungsproben und Destinationen.

Der Kulturbotschafter

In Unternehmerkreisen wird einer wie Günter Titsch gern als Manager und Visionär bezeichnet. Ausdruck eines Respekts gegenüber einem mehr als 20 Jahre währenden kontinuierlichen Aufstieg. Ohne Hingabe zum Metier, Glaube an die eigene Berufung und Bereitschaft zum Risiko undenkbar.

Seine Leistungen als Entwickler neuer Ideen und seine Erfolge als Unternehmer werden exemplarisch durch Auszeichnungen im In- und Ausland bestätigt. 2012 verleiht ihm Bundespräsident Joachim Gauck auf Grund seines Engagements als „ehrenamtlicher Kulturbotschafter“ das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. 2009 wird er als einer der ersten Europäer in Xiamen/China zum Ehrenbürger ernannt. Eine Anerkennung seines Einsatzes für den Kulturaustausch der Volksrepublik China auf internationaler Ebene. 2006 nimmt er stellvertretend für INTERKULTUR den Kulturpreis Europa entgegen, einst vom früheren Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher ins Leben gerufen.

Qualifikationen und Erfahrungen seiner unterschiedlichen beruflichen Stationen fügen sich nahtlos zu einem Fundament, auf dem in der Folgezeit der weltumspannende Entwurf der World Choir Games, der olympischen Spiele der Chormusik, entsteht und sich entwickelt. Es ist die Summe aus Steuer- und EDV-Beratung, Tätigkeiten in der Systemanalyse, Findung und Erprobung neuer Geschäftsmodelle als selbständiger Unternehmer. 1990 folgt die Gründung des Vereins INTERKULTUR dank der Organisation von Konzertreisen nach Ungarn, Jugoslawien und in die Tschechoslowakei. In der Folge werden systematische Schritte zur Etablierung eines global player der internationalen Chorcommunity eingeleitet und umgesetzt.

Autor: Klaus Waller