Wer ihn einmal erlebt hat, dem bleibt der Moment für immer: John Rutter ist einer der bekanntesten und am meisten aufgeführten Chorkomponisten weltweit. Bei einem Festkonzert in Schwäbisch Gmünd, bei dem ihm der Preis der Europäischen Kirchenmusik verliehen wurde, zeigte er wieder einmal, dass es derzeit kaum einen Größeren gibt als ihn.

Die ersten 90 Minuten des Konzerts gestalteten der Chamber Choir of Europe mit Chorleiter Nicol Matt und weiteren Mitwirkenden an Orgel, Flöte, Oboe und Harfe. Die rund 1000 Zuhörerinnen und Zuhörer erlebten ein exzellentes Konzert mit Werken zahlreicher zeitgenössischer Komponisten. Neben John Rutter führten sie Musik von Morten Lauridsen, Eriks Esenvalds, Eric Whitacre oder auch Daniel Elder auf. Das Programm war perfekt auf den Anlass abgestimmt und hervorragend dargeboten.

Doch wenn John Rutter nach vorn tritt, um das Dirigat zu übernehmen, dann passiert etwas mit dem Chor, das auch bei diesem Anlass bis in die hinterste Reihe der Zuschauerbänke spürbar wurde. Es entsteht ein Moment, der alles plötzlich greifbar zu machen scheint: Eine große Spannung legt sich über die Kirche, sobald die ersten Töne erklingen. Die Sängerinnen und Sänger wirken wieder erfrischt, sie strahlen und die Dinge nehmen plötzlich eine ganz eigene Gestalt an. Auf einmal scheinen sich Rutters Werke wie von selbst zu singen, seine Begeisterung und seine Liebe zur Musik wird für alle sichtbar, er selbst scheint als Chorleiter mit ihr eins zu werden. Es ist eindeutig: Er möchte es nicht in jedem Fall richtig machen, sondern er möchte es in jedem Fall mit dem Herzen tun.

Diese offensichtliche, leidenschaftliche Liebe zur Musik, zu Schönheit und Harmonie betonte auch Prof. Reiner Schuhenn (Köln) in seiner Laudatio, als der Preis der Europäischen Kirchenmusik aus den Händen von Oberbürgermeister Richard Arnold (Schwäbisch Gmünd) an John Rutter verliehen wurde: „Beethoven hat gesagt, dass Musik aus dem Herzen kommen und direkt wieder ins Herz gehen muss und genau dafür stehen die Kompositionen John Rutters. Er bedient den natürlichen Wunsch des Menschen nach Schönheit und Harmonie. Er strebt nicht nach dem Intellektuellen, sondern ist immer auf der Suche nach etwas, was direkt ins Herz geht. Seine Melodien erscheinen simpel, doch sie sind originell und bleiben im Ohr.“

Zum Abschluss des Festkonzerts stellte John Rutter dies unter Beweis, als er mit dem Chamber Choir of Europe und 400 teilnehmenden Sängerinnen und Sängern am „Singing Day“ selbst für den glänzenden Höhepunkt des Abends sorgte: Gemeinsam mit allen Sängerinnen und Sängern präsentierte er seine Werke „Look at the world“ und „The Lord bless you and keep you“. Und obwohl rund 400 Stimmen Teil dieses großen Chors waren, klangen die Stücke hervorragend, fast professionell, die Intonation war perfekt. Dazu entstand eine Stimmung in der Kirche, die mitreißend war. Viele Zuhörerinnen und Zuhörer sangen die Texte leise mit. Es schien, als sei das Werk John Rutters so etwas wie das „Gebet der Welt“, das jeder einfach auf natürliche Weise kennt.

INTERKULTUR-Präsident Günter Titsch, der dieses Konzert miterlebte und zu den ersten Gratulanten gehörte, zeigte sich im Anschluss daran tief beeindruckt: „Es gibt nicht viele Musiker wie ihn. Er ist offen im Gespräch, zutiefst bescheiden, und man merkt, dass er alles, was er tut, für die Musik und die Menschheit tut. Es ist eine wahre Freude, ihm zu begegnen und mit ihm, unserem Künstlerischen Ehrenpräsidenten, zu arbeiten.“

Und so wurde an diesem Abend vor allem eins deutlich: John Rutter arbeitet nicht für sich, nicht für die Auszeichnungen, sondern er arbeitet für die Musik und für den Menschen. In seinem Werk liegt eine Natürlichkeit, die sich auch in seiner Person widerspiegelt. Im persönlichen Gespräch begegnet er seinem Gegenüber mit einer Offenheit und einem Interesse, das tiefen Eindruck hinterlässt.

Im Volksmund heißt es oft: „Ein guter Musiker ist auch ein guter Mensch.“ John Rutter ist dafür das perfekte Beispiel.